Das KST-Desaster

KS-Konverter

Versuche ihre binnenländischen Hüttenwerke (Haspe, Georgsmarienhütte, und später auch die Maxhütte) vom teuren Hochofenbetrieb unabhängig zu machen und gleichzeitig eine Alternative zu der energieintensiven Stahlerzeugung im Siemens-Martinofen zu finden gab es bei der Klöckner-Werke AG schon Mitte der 1960er Jahre.
Im SM-Stahlwerk der Hasper Hütte wurde 1965 ein 60 t Versuchsofen mit Öl/O²-Brenner (zunächst über dann unter der Schmelze positioniert) in Betrieb genommen.
Nach der Stilllegung der Metallurgie in Haspe gingen die Versuche in Georgsmarienhütte weiter.
Dort wurde 1973 in einem mit seitlichen  Öl/O²-Brennern ausgestattetem Ofen Schrott geschmolzen und direkt einem 20 t Elektrolichtbogenofen zur Stahlerzeugung zugeführt.
Dieses Verfahren wurde Klöckner-Stahlerzeugung-Elektrolichtbogenofen (KSE) genannt.
Die Versuche waren äußerst viel versprechend mit der 2. Ölkriese wurden 1979 Öl und Erdgas aber so teuer, daß man sich nach einem neuen Verfahren umschauen mußte.
Gegen den Widerstand der GMH-Werksleitung, die einen Elektrolichtbogenofen präferierte, wurde durch die Duisburger Konzernzentrale mit dem Technikvorstand Ludwig v. Bogdandy ein bis dahin (bis auf wenige Vorversuche in der Maxhütte) völlig unbekanntes Verfahren realisiert, das Klöckner-Stahl-Tiegel-Stahlwerk (KST).
Dort sollte möglichst ohne Flüssigeinsatz aus Schrott durch einblasen von billiger Feinkohle (oder Feinkoks), Sauerstoff und Erdgas durch den Boden eines 125 t Konverters Stahl erzeugt werden.
Die 170 Mio. DM Investition ging im November 1981 in Betrieb.

Im ersten Betriebsjahr kam es gleich zu massiven Störungen, so dass die riesige Anlage nur zu 65 % ausgelastet werden konnte. Ein Betrieb ohne Flüssigroheisen vom Hochofen 3 erwies sich daher als unmöglich.
1983, bei sinkenden Schrottpreisen, kam es zu einem zweiten Versuch den neuen Konverter nur mit Feststoffen zu beschicken. Der Betrieb wurde auf das Partielle-Schmelzen-Rückführungsverfahren (PSR) umgestellt.
Dabei wurde in zwei Schritten synthetisches Roheisen im Konverter erzeugt, entnommen, zwischengelagert und der nächsten Schmelze wieder zugeführt.
Nun glaubte man eine dauerhafte Lösung für das KST-Stahlwerk gefunden zu haben. Der Hochofen 3 wurde am 27.4.1983 ausgeblasen und sollte auf Wunsch der Konzernleitung sofort abgerissen werden was aber nicht geschah.
Steigende Schrottpreise und die hohen Betriebskosten des komplizierten Verfahrens führten schon 1984 zu einer Rückkehr zum Flüssigeinsatz im Konverter, der Hochofen wurde wieder angeblasen.
Dabei blieb es bis zur Inbetriebnahme des neuen Gleichstrom-Lichtbogenofens in 1994. KS-Stahlwerk und Hochofen 3 wurden endgültig stillgelegt und abgerissen.

Das KST-Verfahren hat den Stahlstandort Georgsmarienhütte an den Rand des Abgrunds geführt, zeigt aber auch wie innovativ und risikofreudig ein Teil der deutschen Stahlindustrie auf die große Krise der 1970er Jahre reagierte.

Karte: Klöckner-Werke AG, Hütte Haspe, circa 1965.

 

Karte, Klöckner Hasper Hütte, 1965
Das ehem. Klöckner Hüttenwerk in Hagen-Haspe ist heute fast vollständig verschwunden.
Um die Anlagen im heutigen Kontext auf aktuellen Karten und Luftbildern wieder sichtbar zu machen habe ich im Rahmen meines Projekts “Mapping The European Iron And Steel Industry” begonnen eine detaillierte Karte der Hütte, Stand 1965, zu erstellen.
Die Roheisenerzeugung der Hasper Hütte wurde zwischen 1906 und 1914 in Betrieb genommen. Damit war sie, abgesehen von den Hochöfen der Firma Mannesmann in Huckingen, das jüngste Hochofenwerk im Ruhrgebiet.
Der Hochofen 2 wurde 1953 im alten Traggerüst erneuert und der Ofen 1 1959 komplett neuerbaut. Ansonsten präsentierte sich die Anlage 1965 noch weitgehend in ihrer ursprünglichen Form. Der Ofen 4 wurde im gleichen Jahr stillgelegt und dann abgerissen.
Die restlichen Hochöfen produzierten bis zur endgültigen Stilllegung der Flüssigphase in Haspe im Sommer 1972 weiter. Abriss ab 1974.
Die Fundamente der Öfen und der Möllerung befinden sich überwiegend noch heute im Boden unter der Sport-Freizeitanlage Hagen-Haspe.
Das Thomas-Stahlwerk der Hasper Hütte stammte aus dem Jahr 1927. 1955 waren die Konverter von 24 auf 26 t Abstichgewicht vergrößert worden. Stilllegung 29.7.1972.
Das Siemens-Martin Stahlwerk war 1914 in mit drei Öfen in Betrieb genommen worden. 1918 und 1940 wurden zwei weitere Öfen eingebaut.
Diese fünf Öfen mit Generatorgasbeheizung und einem Abstichgewicht von 50-60t wurden 1960/61 durch drei 85 t Aggregate mit Ölbeheizung ersetzt. Dabei wurde aus dem alten Ofen V der neue Ofen I. Die Ölbrenner liefen mit 2000° C etwa 200° C heißer als die der alten Öfen und verbrauchten rund 3000 t schweres Heizöl im Monat.
Mit der Stilllegung des Blechwalzwerks 1967 war die aufwändige Erzeugung hochwertiger SM-Stähle in Haspe weitgehend überflüssig geworden. Am 4.12.1967 endete die Produktion.
In Ermangelung einer Strangussanlage mußten bei der Hasper Hütte alle aus den Stahlwerken kommenden Blöcke über eine der beiden Vorblockstrassen laufen.
Die Vorblockstrasse 1 befand sich an der Voerderstrasse und wurde aus mit Gichtgas beheizten Stossöfen beschickt. Sie wurde 1967 stillgelegt.
Die Vorblockstrasse 2 lag parallel zur Haenelstrasse. Sie wurde 1962 durch Neubau eines 800er Triogerüsts ertüchtigt um die beiden neuen Feineisen- und Drahtstrassen in Kückelhausen mit Vormaterial zu versorgen. Stilllegung 1972.
Darüber hinaus waren in Haspe bis 1967 noch zwei offene Stabstrassen mit gemeinsamer Konti-Vorstrasse und eine Konti-Knüppelstrasse in Betrieb.
1913 nahm die Hasper Hütte etwa 1,2 km östlich des Stammwerks in Kückelhausen eine Grob- und eine Mittelblechstrasse in Betrieb. 1928 kam ein Feinblechwalzwerk hinzu.
1955 wurde unmittelbar östlich an die Blechwalzwerke angrenzend eine 23-gerüstige kontinuierliche Feineisenstrasse in Betrieb genommen und 1956 durch eine nachgeschaltete 16-gerüstige Drahtstrasse erweitert.
1961 wurden die in Konkurrenz zu modernen Warmbreitbandstrassen nicht mehr wettbewerbsfähigen Mittel- und Feinblechstrassen stillgelegt. In die freigewordenen Hallen wurde 1961/62 eine 24-gerüstige moderne kontinuierliche Drahtstrasse eingebaut.
1967 Schließung des Grobblechwalzwerks.
Ab 1972, nach der Schließung der Metallurgie in Haspe, bezogen die Walzwerke in Kückelhausen  ihr Vormaterial von anderen Herstellern, z.T. auch aus dem Ausland.
Diese ungünstige Vormaterialversorgung führte im April 1979 zur Stilllegung der Feineisen- und Drahtstrasse und am 22.12.1982 nach Schließung der kont. Drahtstrasse zur endgültigen   Aufgabe der Produktion in Hagen-Haspe.
Neben den Normalspurgleisen betrieb die Werksbahn der Hasper Hütte bis 1972 auch ein 900 mm Schmalspurnetz. Über dieses wurde bis 1965 auch Schlacke zur 4 km entfernten Halde in Volmarstein transportiert.
In Kückelhausen waren auch zwei Hakenbahnen zum Transport von Drahtbunden zur Adjustage und in die Verladung in Betrieb.
Die Gasversorgung des Thomasstahlwerks (Pfannenfeuer) und der Walzwerke in Haspe erfolgte vom 10000 m³ Gichtgasbehälter hinter den Hochöfen aus. 1937 wurde eine 1100 mm Gichtgasleitung in den Werksteil Kückelhausen zur Versorgung der dortigen Walzwerke gebaut.

Dank an das Stadtarchiv in Hagen und das Westfälische Wirtschaftsarchiv in Dortmund für die Unterstützung bei der Erstellung dieser Karte.

Georgsmarienhütte, Revisited


The steel mill in Georgsmarienhütte, Germany was founded on local iron ore deposits in 1856.
The first blast furnace was installed in 1858.
In 1885 the plant merged with the nearby steel mill in Osnabrück.
An open hearth shop was built in 1904.
In 1923 the site became part of the Klöckner-Werke AG.
A third blast furnace and a second open hearth shop went into production in 1952.
The bar rolling mill number 6 was comissioned in 1965.
In 1982 a coal based (KS-) converter replaced the last open hearth furnaces.
The Osnabrück site was closed in 1987.
In 1994 the last blast furnace (no. 3) was clsed down and a new 130 ton DC-electric arc furnace replaced the KS-converter.
Further images.